Zwischendurch habe ich immer mal wieder Lust, was ganz anderes zu lesen. Und weil mir "Altes Land" von Dörte Hansen sehr gut gefallen hat, hab ich nun das nächste Buch von ihr gelesen. Ich muss gestehen, es lag einige Zeit in meinem Vorrat, aber es gibt nun mal so viele Bücher die gelesen werden wollen. Hier kommt erstmal wieder der Klappentext:
Die Wolken hängen schwer über der Geest, als Ingwer Feddersen, 47, in sein Heimatdorf zurückkehrt. Er hat hier noch etwas gutzumachen. Großmutter Ella ist dabei, ihren Verstand zu verlieren, Großvater Sönke hält in seinem alten Dorfkrug stur die Stellung. Er hat die besten Zeiten hinter sich, genau wie das ganze Dorf. Wann hat dieser Niedergang begonnen? In den 1970ern, als nach der Flurbereinigung erst die Hecken und dann die Vögel verschwanden? Als die großen Höfe wuchsen und die kleinen starben? Als Ingwer zum Studium nach Kiel ging und den Alten mit dem Gasthof sitzen ließ? Mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Verschwinden einer bäuerlichen Welt, von Verlust, Abschied und von einem Neubeginn.
Kleine Dörfer wie Brinkebüll gibt es wohl in allen ländlichen Gegenden. Dörfer in denen vermeintlich die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Und doch hat langsam aber stetig ein Wandel statt gefunden. Früher hatte jeder Bauer sein auskommen und abends und an den Wochenenden traf man sich in der Dorfwirtschaft... Auch geistig etwas zurück gebliebene Kinder wurden einfach angenommen wie sie sind, ein bisschen halb gebacken halt.... Eine scheinbar heile Welt. Hier in Brinkebüll leben die Feddersens, schon seit Jahrzehnten betreiben sie das Gasthaus. Alle Dorffeste und Familienfeiern haben hier statt gefunden. Da gab es Musik und Tanz und das Gastwirtehepaar kalkulierte immer so, dass sich auch die Ärmeren eine Feier leisten konnten und die betuchteren eben ein bisschen mehr bezahlten. Inzwischen sind Sönke und Ella über 90. Sönke ist immer noch täglich im Gasthof, doch die Gäste werden immer weniger. Doch sein großes Ziel ist es, seine Gandenhochzeit mit Ella zu erleben. Ella ist aber inzwischen ziemlich dement und braucht Hilfe. Ingwer hat das Dorf verlassen, um das Gymnasium zu besuchen und zu studieren. Inzwischen arbeitet er als angesehener Wisschenschaftler an der Universität in Kiel. Nun hat er sich ein Sabbatjahr genommen, in der Zeit will er sich um seine Großeltern kümmern und er will sich auch über sein Leben klar werden.
Das Buch ist sehr subtil und fein geschrieben, es erzählt vom gemütlichen Dorfleben früher, es erzählt vom Wandel, der nicht immer willkommen ist und es erzählt von Menschen. Von Merret, Ellas Tochter, die nicht ganz richtig im Kopf ist und ständig den Weltuntergang vorhersagt, vom Lehrer, der Generationen von Kindern durch die Grundschule begleitet hat und dem besonders Heimatkunde am Herzen liegt, wir lernen die Ladenbesitzerin kennen, die langsam aber sich von Aldi und Co verdrängt wird... In Rückblenden wird die Geschichte des Dorfes lebendig.
Sehr blass bleibt nur die Figur von Ingwer Feddersen. Er verbringt sein Sabbatjahr in Brinkebüll um seinen Großeltern zu helfen und um sich über sein Leben klar zu werden. Das bleibt aber sehr im Hintergrund. Es wäre schön gewesen, auch mehr darüber zu erfahren, was dieses Jahr im Ingwer gemacht hat... was in seinem Kopf vorgegangen ist.
Das Buch ist eigentlich recht traurig, aber es gibt auch witzige Momente. Und es ist auf jeden Fall sehr lesenswert.
Ich danke dem Verlag, der mir das Buch kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Meine Rezension wurde dadurch aber nicht beeinflusst und entspricht komplett meiner eigenen Meinung.
Und das verlinke ich nun auch ins Lesezimmer von Karminrot. (
https://lesezimmer.karminrot-blog.de/2019/09/02/meine-buecher-fuer-den-september/ ). Schaut doch mal vorbei.